13. März 2016

[Rezension] Ein sterbender Mann von Martin Walser




Ein sterbender Mann von Martin Walser

Genre: Roman

ISBN: 978-3-498073886

Verlag: Rowohlt Verlag

Erscheinungsdatum:08. Januar 2016

Hardcover, fester Einband, 287 Seiten







Martin Walsers neuestes Werk "Ein sterbender Mann" hat sich für mich leider als große Enttäuschung herausgestellt. Und zwar leider so sehr, dass ich das Buch abgebrochen habe, was so gar nicht meiner Art entspricht. Da konnte auch das für Walser typische brilliante Wortfeuerwerk nichts mehr ausrichten...

Theo Schadt, 72, Firmenchef und auch als „Nebenherschreiber“ erfolgreich, wird verraten. Verraten ausgerechnet von dem Menschen, der ihn nie hätte verraten dürfen: Carlos Kroll, seinem engsten und einzigen Freund seit 19 Jahren, einem Dichter. Beruflich ruiniert, sitzt Theo Schadt jetzt an der Kasse des Tangoladens seiner Ehefrau, in der Schellingstraße in München. Und weil er glaubt, er könne nicht mehr leben, wenn das, was ihm passiert ist, menschenmöglich ist, hat er sich in einem Online-Suizid-Forum angemeldet. Da schreibt man hin, was einem geschehen ist, und kriegt von Menschen Antwort, die Ähnliches erfahren haben. Das gemeinsame Thema: der Freitod.

Eines Tages, er wieder an der Kasse, löst eine Kundin bei ihm eine Lichtexplosion aus. Seine Ehefrau glaubt, es sei ein Schlaganfall, aber es waren die Augen dieser Kundin, ihr Blick. Sobald er seine Augen schließt, starrt er in eine Lichtflut, darin sie. Ihre Adresse ist in der Kartei, also schreibt er ihr – jede E-Mail der Hauch einer Weiterlebensillusion. Und nach achtunddreißig Ehejahren zieht er zu Hause aus. Sitte, Anstand, Moral, das gilt ihm nun nichts mehr. Doch dann muss er erfahren, dass sie mit dem, der ihn verraten hat, in einer offenen Beziehung lebt. Ist sein Leben “eine verlorene, nicht zu gewinnende Partie"? (Quelle: Klappentext)

Stilistisch gesehen hat dieser Roman all das, was ein Walser- Roman so hat und haben muss. Ein großartiges sprachliches Feuerwerk aus Aphorismen und spielerischer Ironie. Und dazu kommen Worte, die so wunderschön sind, von denen man aber noch nie gelesen hat, die man sich aber wegen ihrer Schönheit und ihres Einfallreichtums unbedingt merken möchte. Das ist einer von diesen sprachlich exquisiten Texten, welche man einfach auf sich wirken lassen kann ohne eigentlich zu wissen von was er denn eigentlich handelt. So wie ein guter Wein.

Aber der Inhalt existiert nun mal. Und der ist dermaßen trivial und nichtssagend, dass ich es einfach nicht weiterlesen konnte. Hauptsächlich Altmännerfantasien. Theo wurde von seinem besten Freund verraten, woraus dieser Verrat besteht, das weiß man nicht so richtig. Dann läuft seine Ehe noch ziemlich schlecht und er verliebt sich in eine andere. Der Protagonist ist zickig und das alles wirkte auf mich eher wie eine sehr spät einsetzende Midlife- Crisis, als die Briefe eines weisen alten Mannes.

Ich habe grundsätzlich nichts gegen handlungsarme Romane. Vor allem bei anspruchsvoller Literatur konzentrieren sich Bücher oft eher auf Dinge, die gesagt werden müssen, die etwas im Leser bewegen und/oder freisetzen. Und da ist ein kunstvoll aufgebauter Spannungsbogen kein Muss. Aber trotzdem muss es da einen Funken geben, der fesselt. Und die Tatsache, dass ein Mann alt ist... die fesselt mich nicht.
Für mich war Martin Walsers Spätwerk leider eine große Enttäuschung. Stilistisch einwandfrei, aber das ist bei einem guten Roman nicht alles. Deshalb vergebe ich nur einen von fünf Schmetterlingen:

Trotz Enttäuschung möchte ich mich natürlich beim Rowohlt Verlag für das bereitgestellte Leseexemplar bedanken.

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