20. Juni 2016

Warum ich lese? Weil Lesen Leben ist!


 
Es war Sandro von Novelero- Blog für Literatur, der sich in einem seiner Beiträge die Frage stellte, wieso er denn eigentlich lesen würde. Und nun haben ihm inzwischen so viele Blogger geantwortet, dass sogar ein Buch entstehen soll. Ein Buch gefüllt mit Liebeserklärungen an die Literatur, geschaffen von den größten Buchverrückten.

Da war mir klar, dass auch ich diese Frage beantworten möchte, woher sie denn kommt: Die Liebe zur Literatur. Ziemlich schnell habe ich aber gemerkt, dass sich das gar nicht so leicht beantworten lässt. Man könnte mich genau so gut fragen: Wieso schläfst du eigentlich? Wieso isst du? Und ich würde sagen, weil man das eben macht. Das ist eben so. Und ist es nicht ein großer Zufall, dass die Wörter Lesen und Leben nur durch einen Buchstaben unterschieden werden können? Etwa Buchstabenmagie?

Ich komme, wie man so schön sagt, aus einer Akademikerfamilie. Alle haben studiert, vornehmlich Geisteswissenschaften, sich im Laufe der Zeit selbst und ständig weitergebildet und im Leben durch Ehrgeiz und Sorgfalt vieles erreicht.
Als Kind von fünf Jahren stand ich da nun, in einer Familie, in der sich alles um Bildung und Literatur drehte. Mein zeintinsivster Aufenthaltsort war die Bibliothek meines Großvaters. Der Geruch nach Büchern und Staub war mir vertraut. Ich versuchte mit Kunstbildbänden von Salvador Dali und Gesamtausgaben von Shakespeare Häuser zu bauen. Meine Bücherhäuser. Es wurde als ganz selbstverständlich gesehen, dass meine Großmutter aus dem fernen Hamburg der Liebe wegen mit nichts als einem Koffer voll Bücher nach München zog.

Und wie gesagt, da stand ich nun und das war meine normale Welt. Bücher und Familie. Aber selbst lesen? Nein, Das wollte ich dann doch nicht. Lieber Bücherhäuser bauen. Das Lesen, das erschien mir zu groß und gewaltig. Goethe, Schiller. Kritik von Reich- Ranicki, das machte mir Angst.

Aber wenn sich in deiner Familie alles um Literatur dreht, dann hat man da kaum eine Wahl. Also wurde ich für´s Lesen bezahlt, weil ich mich weigerte mehr zu tun als den wunderbaren Duft alter Bücher zu erschnuppern. Ja, ich weiß. Das klingt völlig verrückt, aber meine Großmutter wusste sich wohl nicht anders zu helfen.
Das Buch: Nesthäckchen von Else Ury. Die Bezahlung: Fünf Cent pro Seite. Meiner kindlichen Meinung nach genug für ein leckeres Eis. Aber ich fand es so schrecklich. Dieses Buch bestärkte in mir nur die Meinung, dass Lesen nichts für mich ist. Da saß dieses Nesthäckchen stundenlang mit ihren Puppen und Stofftieren um einen Tisch und spielte Kaffeekränzchen. Ich dachte, ich müsste schreiend davonlaufen, fünf Cent hin oder her. Das konnte und wolle ich meiner zarten Kinderseele nicht weiter antun. Meine Großmutter war enttäuscht, ich völlig entsetzt. Ende des Lesens. Dachte ich zumindest.

Aber dann fand ich es. MEIN Buch. Es lag zwischen den Büchern meiner Mutter, ganz unscheinbar und abgegriffen. Der Titel kaum zu erkennen, die Seite schon eingerissen und geknickt und dieser Geruch nach altem, aber geliebten Buch. Das war einer dieser Momente, an denen man weiß, dass sich jetzt etwas Entscheidendes im Leben ändern wird und es überall am Körper kribbelt. Welches Buch das war? Momo von Michael Ende. Ich fing an es zu lesen. Dann zu verschlingen und ich lachte und weinte und rannte durch das ganze Haus und erzählte von der Geschichte und meinen Gedanken dazu. Ich war vollkommen hin und weg.

Und dann? Es kamenl Harry Potter, Hanni und Nanni, Die unendliche Geschichte, Madame Bovary... Ich wurde erwachsen und die Bücher, die ich las, reiften mit mir. Noch heute, wenn ich eines der alten Bücher meiner Großeltern aufschlage, manches schon 100 Jahre alt, und die liebevollen Randbemerkungen sehe, dann habe ich wieder dieses "Momo-Kribbeln" im Bauch. Und darum lese ich.

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1 Kommentare

  1. Ein schöner Artikel und eine süsse Idee, fürs Lesen bezahlt zu werden...ich wäre schon reich ��

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