Vor einigen Jahrzehnten brachte ein großer Unfall Ijsstedts´ Ordnung durcheinander. Aus unerklärlichen Gründen kam es zu einer Tragödie in einer der Fabriken, die das magische und zugleich hoch entzündliche Irrlicht- Gas herstellen. Diejenigen, die den Unfall und die mit der Berührung des Irrlichts einhergehende Vergiftung überlebt haben, werden von der Bevölkerung seitdem als "Irrlichtkinder" gefürchtet. Das Gas entwickelte sich, vor allem auch durch seine Gefahren, zum wichtigsten Handelsgut der herrschenden Klasse, wobei nur diese so richtig zu wissen scheint, was es mit seiner Magie auf sich hat.
Ijsstedt ist eine Stadt, die in viele kleine Zentren zersplittert ist, die von Banden regiert werden. Die Regierung liegt fern ab und weiß selbst kaum etwas über das Volk, das sie dort beherrschen. Durch diese Diskrepanz lebt der größte Teil der Bevölkerung in bitterer Armut, Religion und Glauben existieren nicht mehr und das magische Irrlicht wird zum begehrten Gut, da es einem magische Kräfte verleihen kann... wenn man nicht daran stirbt. Und so eskaliert die Situation Ijsstedts immer mehr. Überfalle auf Irrlichttransporte stehen an der Tagesordnung, genau so wie Mord und Totschlag in den dunklen und schmutzigen Gassen dieser Stadt.

Ein hochinteressantes Setting, welches sich dort auf den ersten Seiten von Irrlichtfeuer entfaltet. Zentrum für alles ist das wertvolle Gas, aus dem heraus sich zahllose Handlungsstränge entwickeln, alle verbunden durch irgendeine andere Verbindung zum Irrlicht. Die Geschichte wird aus den Perspektiven aller Parteien erzählt, die für das geschlossene System einer Stadt wichtig sind. Es gbt mehrer Schichten, von den Ärmsten bis zur herrschenden Klasse, und man witft einen Blick auf Ijsstedt aus den Augen der Regierenden, den Unterstehenden, den Rebellen, den stillen Zuschauern und den gefährlichen, treibenden Mächten.
Eine Protagonistin, die sich hier besonders hervortut, ist die junge Alba. Sie ist schwer krank und muss sich bei den vorherrschenden Bandenkriegen die meiste Zeit in ihrer Wohnung verstecken. Doch es ist ein ganz besonderer Traum, der sie antreibt, nämlich der vom Fliegen. In ihrer Werkstatt baut sie sich Flügel. Doch immer scheint irgendein Teil der Konstruktion jedes Mal nicht zu funktionieren und so wird auch Alba auf das Irrlicht aufmerksam. Ohne es zu wollen, wird das schwache Mädchen plötzliche mitten in einen Volksaufstand hineingezogen, in dem es Macht und Magie geht und in dem sie sich fragen muss, welchen Preis sie zu zahlen bereit ist, um sich ihren Traum zu erfüllen.

So entsteht ein komplexes System, welches durchdacht, in sich schlüssig & authentisch ist. Schon von der ersten Seite weg trägt einen der bildhafte Schreibstil davon und lässt Ijsstedt vor dem inneren Auge lebendig werden. Wären da nicht die von unangenehmen Längen durchzogenen Passagen, die das Lesevergnügen dann doch wieder etwas ausbremsen.

Alles in allem eine sehr gute Idee für einen Debütroman, an die sich Autorin Julia Lange da gewagt hat. Leider hatte ich von Seite zu Seite mehr das Gefühl, dass sie nur so vor zahlreichen Ideen zu ihrem Erstling übersprudelte und beim Schreiben versuchte jedes noch so kleine Detail, jede noch so kleine Randfigur, jeden Handlungsstrang und jedes Motiv unter zwei Buchdeckel zu bringen. Hier herrscht an allen Details ein "Zu Viel".  Auch wenn man das Personenregister am Ende des Buches zu Rate zieht, verschafft einem das leider nicht unbedingt einen besseren Überblick, weil die Perspektiven oft zu schnell wechseln oder erst gar nicht klar ist, welche Figur gerade handelt. Oft hatte ich das Gefühl in der Irrlichtgeschichte zu schwimmen, ohne dass etwas vorangeht und ohne zu wissen wohin die Reise gehen sollte.
Aber ich bin mir sicher, dass ein wunderbarer Zweitroman entstehen wird, wenn sich die Autorin dort auf eine zentrale Handlung samt Motiv konzentrieren wird. Toi toi toi!