14. Oktober 2016

Lebensgeister von Banana Yoshimoto


Titel: Lebensgeister | Autor: Banana Yoshimoto | Roman | ISBN 978-3-257607765 | Diogenes | 28. September 2016 | Taschenbuch mit Klappenbroschur | 160 Seiten

Damals war ich achtundzwanzig und lebte in dem Gefühl, noch eine Ewigkeit vor mir zu haben. Aus dem Nichts wurde ich mit der elementaren Lebenswirklichkeit konfrontiert, dass der Tod tatsächlich unser ständiger Begleiter ist S. 9

Gleiche vorneweg: Ich habe unter anderem mit Yoko Ogawa und Kazuo Ishiguro die japanische Literatur lieben gelernt. Sie hat mich mit ihrer Leichtigkeit und ihrer Magie verzaubert. Sie inspiriert mich mit ihrer Weisheit und dem so gar nicht westlichen Blickwinkel auf den Sinn des Lebens, den Tod und allen Dinge dazwischen. Und so sind auch Yoshimoto Lebensgeister eine wahnsinnige erfüllende Lektüre, welche einen zärtlichen Blick auf den Zyklus aus Leben und Tod wirft.

Yoshimotos Geschichte entführt den Leser in die traumähnliche Tempelstadt Kyoto und zu Sayoko, einer jungen Frau, die bei einem schweren Verkehrsunfall schwer verletzt überlebt, während ihr Freund Yoichi ums Leben kommt. Seitdem ist sie nicht mehr dieselbe, denn bei ihrer Nahtoderfahrung hat sie eine Zwischenwelt betreten, die das Diesseits und die Welt der Toten voneinander trennt. Zwar sucht sie einen Weg zurück ins Leben und die Beschäftigung mit Yoichis Nachlass lindert ihre Trauer, aber sie hat Geheimnisse erfahren, die ihrern Mitmenschen verborgen bleiben. Und so fällt es Sayoko sehr schwer sich in der Welt der Lebenden zurechtzufinden, vor allem weil sie plötzlich merkt, dass sie die Geister der Verstorbenen sehen kann.

Auf wundervollen 160 Seiten begleitet man Sayoko vom Leben in den Tod, vom Tod ins Leben und schließlich zu der Erkenntnis, dass beides unwiderruflich miteinander verbunden ist. Schließlich muss sie die Geheimnisse und die Unsicherheit des Lebens annehmen und akzeptieren, dass niemals alle Rätsel lösbar sind. Leben und Sterben sind die zwei Seiten einer Medaille, ohne das eine kann das andere nicht existieren. Und egal ob jung oder alt, der Tod ist überall, ein ständiger Begleiter. Aber würden wir nicht wissen, dass unsere Existenz im Diesseits begrenzt ist, würden wir das Leben dann auch in diesem Maße zu schätzen wissen?

Lebensgeister ist leicht wie eine Feder, aber dennoch bleibt seine Weisheit beim Lesen tief in Gedanken verankert. Auf magische Weise werden Realität und Traum miteinander verbunden und gemeinsam mit Sayoko wandelt man auf den rätselhaften Pfaden dazwischen. Und obwohl der Tod eine gewichtige Rolle in dieser Erzählung einnimmt, neigt sie an keiner Stelle zur Melancholie. Vielmehr ist sie zärtlich, als würde sie auf einem sanften Windhauch zu uns Lesern getragen werden.

Ein herzliches Dankeschön an den Diogenes Verlag, der so nett war mir dieses Rezensionsexemplar zur Verfügung zu stellen.

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