8. Februar 2017

Noble Gesellschaft - Joan Weng


Titel: Noble Gesellschaft | Autor: Joan Weng | Kriminalroman | Aufbau Taschenbuch | ISBN 978-3-746632766 | 19. Januar 2017 | Taschenbuch mit flexiblem Einband | 304 Seiten

Ich bin da ganz ehrlich: Ein großer Fans der Krimiszene war ich nie. Meistens empfinde ich die als zu brutal und auch banal. Ohne erkenntlichen Sinn hinter der ganzen Geschichten. Aber NOBLE GESELLSCHAFT ist dagegen ein ganz exquisites Stück Literatur, die Betonung liegt hierbei auf KriminalROMAN. Dieser entführt uns in ein wildes Berlin der 20er Jahre, in dem vor allem in den besten gesellschaftlichen Kreisen der ein oder andere Mord vertuscht wird. In Sherlock Holmes´scher Manier führt ein Hinweis zum nächsten und erschafft einen wahren detektivischen Genuss.

Berlin im Herbst 1925: In der noblen Gesellschaft ist ein Dienstmädchen verschwunden. Ein alter Bekannter erzählt Carl von Bäumer, Starschauspieler der UFA, bei einem Galadinner davon – und schon am nächsten Tag ist er tot. Handelt es sich wirklich um Selbstmord? Carl glaubt nicht daran und forscht nach den Hintergründen. Gemeinsam mit Kommissar Paul Genzer taucht er tief ein in Berlins Gesellschaft der Zwanziger Jahre. Und plötzlich befinden sie sich in einem Verwirrspiel aus Rache, Diamantenschmuggel und jahrzehntealtem Hass. (Quelle: Klappentext)

In dieser Kriminalgeschichte sieht sich der Leser mit einem gewaltigen & sehr spannenden Verwirrspiel konfrontiert, welches es zu entwirren gilt. In einer anspruchsvollen, aber sehr angenehm zu lesenden Sprache zeichnet Joan Weg ein detailliertes & zynisches Bild der Gesellschaft der 20er Jahre, die sie in die erheiternden Kategorien Auf Seiten der Ermittlung, Auf Seiten der noblen Gesellschaft, Auf Seiten der nicht ganz so noblen Gesellschaft und Auf Seiten der überhaupt nicht noblen Gesellschaft einteilt. Der Erzähler lässt uns Einblicke haben in die Köpfe aller gesellschaftlichen Schichten und macht uns ziemlich schnell klar: Egal ob die in Dekadenz lebenden höheren Kreise oder die Berliner Unterwelt, jeder hat sprichwörtliche oder auch tatsächliche Leichen im Keller. Der Dreck am Stecken reicht von Fremdgehen, über Schmuggel bis hin zu hinterhältigem Mord.

Besonders gut gefallen hat mir die Holmes´sche Manier der Detektivarbeit. Carl von Bäumer hat eine gute Spürnase, die er nur zu gerne in fremde Angelegenheiten steckt. Nur Kleinigkeiten einer Geschichte, die ihm unstimmig erscheinen, oder ein anderes kleinen Detail wecken seine Neugierde und führen ihn in die passende Richtung. Er verkörpert die klassische Detektivfigur, die zwar nicht immer auf dem moralisch rechtesten Weg ans Ziel kommt, aber ans Ziel. Und das ist bei den gehäuften Morden der noblen Gesellschaft ja wohl am wichtigsten. Apropos Moral: Mit der halten es die Protagonisten alle nicht so dolle, da kann man sich schon mal einen minderjährigen Strichjungen von der Straße holen. Und ein Dienstmädchen mehr oder weniger fällt ja auch nicht groß auf, oder?

Mein Fazit: Ein lesenswertes Vergnügen für diejenigen, die mit "klassischen Krimis" nicht so viel anfangen können oder gerne ein bisschen Abwechslung hätten. Durchdacht, anspruchsvoll & gewitzt. Ich würde sehr gerne noch mehr über Joan Wengs gelungenen Roman berichten, aber bei der Handlungsdichte würde ich viel zu leicht spoilern. Also kann ich es euch nur ans Herz legen.

Ein herzliches Dankeschön an Aufbau Taschenbuch für die freundliche Bereitstellung eines Leseexemplares  von Noble Gesellschaft.

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